Zurück zur Startseite comicforschung.de


Deutsche Comicforschung 2012

Eckart Sackmann (Hg.):
Deutsche Comicforschung
Band 8 (2012)
144 Seiten, HC, ca. 400 Abbildungen in Farbe, € 39,00
ISBN 978-3-89474-218-8

Mitarbeiter dieser Ausgabe:
Harald Havas, Dr. Helmut Kronthaler, Gerd Lettkemann, Ralf Palandt, Werner Reuß, Dr. Eckart Sackmann, Guido Weißhahn

Inhalt

  • Max Klinger: Ein Handschuh
  • Bildergeschichten auf Liebig-Sammelbildern
  • Das amerikanische Abenteuer - zum zweiten
  • Peter Eng - das Bindeglied?
  • Otto Schendel
  • Frank Behmak
  • Gerhard Brinkmann - G. Bri
  • Der frühe Bob Heinz
  • Der kroatische "Nick Knatterton"
  • Walter Lehnings "Winnetou" in Frankreich und Holland
  • Die haarsträubenden Abenteuer des Detektivs Dick Dixon
  • Neue DDR-Comics 1989/90 - Untergrund und "Wendezeit"



  • Abb. oben: Peter Engs Hauptserie "Turl und Schurl" lief in dem Satiremagazin Der Götz von Berlichingen (29/1926)

    Peter Eng - das Bindeglied?
    Von Harald Havas

    Künstlerische Neuerungen lassen sich stets auf Vorbilder und Entwicklungen zurückführen. Das gilt auch für den Comic. Verdanken wir das häufige Auftreten von Sprechblasen im Österreich der 1920er und 30er Jahre einem eher unscheinbaren Strip aus der Feder des in den USA ausgebildeten Zeichners Peter Eng?

    Es war lange Zeit rätselhaft, wieso mit "Tobias Seicherl" 1930 in Wien, scheinbar aus dem Nichts, ein formal perfekter und geradezu idealtypischer Tagesstrip entstehen konnte. Bei näherem Hinsehen erschließt sich, dass über die Zeitschrift Der Götz von Berlichingen bald nach den 1. Weltkrieg eine Tradition des Sprechblasencomic angestoßen wurde, an deren Anfang der Trickfilmer und Karikaturist Peter Eng steht. Eng (eigentlich Engelmann) hatte im Leben wenig Glück. Nach einer kurzen Karriere in den 20er Jahren hatte er als Jude unter dem Vordringen der Nazis zu leiden.

    Oben: Engs erster Sprechblasencomic in Die Muskete 808 (1919; Ausschnitt)

     

    Otto Schendel
    Von Eckart Sackmann

    Man kennt ihn eigentlich nur durch ein - für den Zeichner wenig schmeichelhaftes - Buch, "Die heilige Plutokrazia". Otto Schendel hat weit mehr als das geschaffen. An seinen Arbeiten ist abzulesen, wie sich deutsche Zeichner der Zwischenkriegszeit auf dem Grat zwischen Tradition und Moderne bewegten.

    Sein Werk, so umfangreich und vielfältig es auch war, ist heute nur einem kleinen Kreis bekannt, der Zugang zu den seltenen Ausgaben des Lustigen Sachsen und den alten Werbematerialien der Continental-Werke hat. Es zeigt einen genialen Zeichner, der seine Wurzeln bei Wilhelm Busch nie verleugnet hat, der aber dennoch mit der Zeit ging und zum Beispiel auch Sprechblasencomics zeichnete. Der Mensch Otto Schendel hinterließ so gut wie keine Spuren: So ist nicht einmal ein Foto von ihm überliefert.

      

    Abb. oben: Auf seiner Reise durch den Wilden Westen trifft Meier auf Karl May und Winnetou
    (Der lustige Sachse 1/1931; Ausschnitt).

    Abb. oben: Eine von Schendel gestaltete Werbeseite in Echo Continental 7/1927.

     

    Oben Kerempuh 387 (1953) mit dem Beginn von "Nick Knatterton".

    Rechts eine "Knatterton"-Folge von Ico Vojevica (1958).

    Der kroatische Knatterton
    Von Ralf Palandt

    "Nick Knatterton" hat im Laufe der Zeit verschiedentlich Zeichner dazu angeregt, Anleihen bei Manfred Schmidts Meisterdetektiv zu nehmen. Angesichts des überwiegend hohen Niveaus der Zeichnungen setzen sich die in den 1950er Jahren in Kroatien geschaffenen Eigenkreationen von den meisten anderen positiv ab.

    Laut einem ehemaligenRedakteur der satirischen Zeitschrift Kerempuh hatten die kroatischen Zeichner von ihren Reisen aus Deutschland "Nick Knatterton"-Hefte mitgebracht. Die ersten drei Fortsetzungsgeschichten der Serie, die daraufhin 1953 in Kerempuh erschienen, waren von diesen Vorlagen abgezeichnet worden. Anschließend setzten sich die Koaten hin und schufen jahrelang ihre eigenen "Nick Knatterton"-Episoden, die dem deutschen Vorbild in Sachen Dramatik und Unwahrscheinlichkeit in nichts nachstanden. Erst 1956 übernahm Kerempuh "Nick Knatterton" in Lizenz vom Urheber Manfred Schmidt.

      

     

    Neue DDR-Comics 1989/90 - Untergrund und "Wendezeit"
    Von Eckart Sackmann

    Die Geschichte der "offiziellen" Comiczeitschriften der DDR zu Zeiten der "friedlichen Revolution", der sogenannten "Wende", ist weitgehend dargestellt worden. Daneben gab es unabhängige Zeichner mit eigenen Themen und eigener Formensprache. Der Rostocker Volker Handloik hat sie 1989/90 gebündelt.

    Volker Handloik mag als Muster dafür gelten, wie durch die Ambition und das Engagement eines Einzelnen an einem Schnittpunkt der Geschichte Weichen gestellt werden. Selbst fasziniert von der in der DDR weitgehend verpönten Ausdrucksform des Comic, begab sich der junge, in Berlin lebende Kulturbegeisterte auf die Suche nach Zeichnern, die - ohne eine Chance auf Veröffentlichung - im stillen Kämmerlein Comics zeichneten. Was er fand, sammelte er 1990 in einer beachtlichen Anthologie, deren Name "Leichtmetall" auch eine Hommage an das westdeutsche Magazin Schwermetall war.

    Oben das von Holger Fickelscherer gestaltete Plakat zu Handloiks Leipziger Digedags-Ausstellung 1990.

    Abb. links: Der Auftritt der DDR-Zeichner auf dem Comic-Salon Erlangen 1990. Daneben das Cover eines "Schweinevogel"-Hefts von Schwarwel (1990).



     



    Copyright (c) 2012 Verlag Sackmann und Hörndl