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Vor 1800
Im frühen 13. Jahrhundert entstand im süddeutschen Raum eine Bildfolge zum Eneasromans des Heinrich von Veldeke. Diese Erzählung in epischer Länge illustriert nicht den Text, sie ist eine eigenständige Interpretation des Stoffes und arbeitet dabei mit Mustern, die auch der moderne Comic verwendet.
Man kann grundsätzlich davon ausgehen, dass sich die Bild-Erzählung zu früheren Zeiten anders darstellte als heute. Gerade deswegen überrascht ein Blatt aus dem Evangeliar Heinrichs des Löwen, dessen Urheber Dialoge in eine kurze Bildsequenz einbringt, und das in sehr kunstvoller Form.
In der Universitätsbibliothek von Freiburg i. Br. liegt ein mittelalterlicher Codex, bei dem die Bilder den Text dominieren - also im landläufigen Sinne keine Buchillustration, sondern ein Bilderbuch, in dem die Geschichte in Bildsequenzen aufgeteilt wurde und die in einigen Szenen Sprechblasen aufweist.
Das Simultanbild, eine Sonderform der Bild-Erzählung, kennen wir aus Italien, aber auch aus Deutschland und dem zu Burgund gehörenden Flandern. Der in Brügge wirkende, deutschstämmige Hans Memling schuf mit der sogenannten "Turiner Passion" eines der Hauptwerke der Simultanbild-Kunst.
Dass die bildliche Darstellung der Ursula-Legende im Spätmittelalter eine weite Verbreitung fand, belegen mehrere bis heute erhalten gebliebene Bilderzyklen. Der Große Zyklus mit seinen 24 Tafeln in der Kölner Basilika St. Ursula zeigt eine Bild-Erzählung aus dem Jahr 1456, die von gereimten Texten begleitet wird.
Aus moderner Perspektive stellen sich Zeugnisse vergangener Jahrhunderte oft anders dar, als sie in ihrer Zeit möglicherweise intendiert waren. Lässt sich Ludwig Henfflins "Sigenot" von 1475 als enge Bildfolge, quasi als ein Daumenkino lesen? Eine nähere Betrachtung spricht dagegen.
Die Literaten und Künstler vergangener Jahrhunderte hinterließen der Nachwelt gemeinhin ein Werk, das die Ernsthaftigkeit ihrer Arbeit betont. Lockerer gaben sie sich zuweilen im privaten Kreis. So ist auch von Friedrich Schiller eine Bildfolge erhalten, die Aufgeschlossenenheit gegenüber zeitgenössischen Moden belegt.
In privatem Rahmen war Friedrich Schiller ein anderer, als man das aus seinem dramatischen Werk vermuten könnte. Ein humoristischer Einakter, Schillers Gabe zum 31. Geburtstag des Freundes Christian Gottfried Körner, blieb zunächst unveröffentlicht. 1984 wurde das Stück zu einem Fotoroman umgedeutet.
Eines der frühesten Beispiele deutscher Comics wurde nicht allein für sich, als Erzählung in Bildern, geschaffen, sondern in anderer, heute ungewohnter Funktion. Joseph Franz von Göz' "Lenardo und Blandine" steht in der Tradition von Schauspiel und Dramenillustration des 18. Jahrhunderts.
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