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Abstract

Ralf Palandt
(Ohn-)Macht und Hakenkreuz
Comics im Schatten der Zensur

Wer sich mit der Kultur eines Landes auseinandersetzen will, der kommt nicht umhin, sich mit den Medien bzw. ihren Inhalten zu beschäftigen. Sie sind greifbare Produkte einer Kultur. Den grundsätzlichen Rahmen für Deutschland, in dem sich die Inhalte abspielen dürfen, steckt Artikel 5 des Grundgesetzes ab. Absatz 1 garantiert die Meinungs-, die Informations- und die Pressefreiheit. Es steht geschrieben: "Eine Zensur findet nicht statt. " Das bedeutet, daß Zensur verboten ist. Trotzdem wird sie praktiziert, denn Absatz 2 schränkt die Freiheiten ein: "Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. "

Was bedeutet Zensur? "Zensur ist die mit Machtmitteln versehene Kontrolle menschlicher Äußerungen. Sie führt bei Bedarf zu rechtsförmigen und außerrechtlichen Sanktionen. Beispielsweise zur Behinderung, Verfälschung oder Unterdrückung von Äußerungen vor oder nach ihrer Publizierung." (Hg. Michael Kienzle u. Dirk Mende. Zensur in der Bundesrepublik. München: Heyne Verlag, 1981. S. 284) "Äußerung" ist hier im weitesten Sinne zu verstehen.

Im Vortrag illustrieren Beispiele aus dem Comic-Bereich die langjährige Praxis. Ziel ist es, zum Nachdenken anzuregen über (Selbst-)Zensur im Bezug auf die Abbildung von Hakenkreuzen bzw. Swastikas. Was sehen wir, selbst wenn es nicht abgebildet wird? Macht diese Form der Zensur Sinn? Ist diese Zensur im intermedialen Vergleich gerechtfertigt?

Die Bezeichnung "Svastika" entstammt dem Sanskrit und bedeutet wörtlich: das (zum) Gutsein (gehörige), das Heilbringende. Hakenkreuze sind, oft als Sonnenrad, seit etwa 6.000 Jahren auf vier Kontinenten nachgewiesen. Die Nationalsozialisten machten das Hakenkreuz 1920 zum Parteizeichen der NSDAP und 1934 zur Flagge des Großdeutschen Reiches.

Ausgangspunkt für die Betrachtung sind die Bestimmungen des Stafgesetzbuches (StGB) § 86 (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen), § 86a (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen), ferner § 130 (Volksverhetzung) und § 131 (Gewaltdarstellung).Verstöße können von jedem Bürger bei den Strafverfolgungsbehörden (Staatsanwaltschaft und Polizei) angezeigt und mit Freiheit- oder Geldstrafen geahndet werden.

Relevant ist auch das Jugendschutzgesetz (JuSchG), Nachfolger des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften. Demnach nimmt die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) solche in eine Liste auf (Indizierung) mit entsprechenden Konsequenzen. Betroffen sind u.a. Medien, die zum Rassenhass anreizen, die NS-Ideologie oder Krieg verherrlichen oder nach dem StGB verbotene Inhalte verbreiten. Indiziert werden auch Medien, bei denen der Verdacht auf Holocaustleugnung, Volksverhetzung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener besteht, bis zur Widerlegung des Vorwurfs.

Um ein Bewusstsein für die inhaltliche Dimension zu schaffen, wird gezeigt, wie im Zuge der Zensur auch vor der Retusche des Davidsterns nicht Halt gemacht wurde.


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