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Abstract

Jens Meinrenken:
Comic, Storyboard und Film

Sei es das Musikvideo (Madvillain "All Caps"), der Independent-Film ("American Splendor") oder der amerikanische Blockbuster ("Hulk"), die sequentielle Bildsprache des Comic erlangt im Kino der letzten Jahre eine zunehmende Popularität. Weit mehr als formale Spielereien erweitern die hier genannten, exemplarisch aufgezählten Beispiele die Filmsprache des Kinos nicht nur visuell, sondern auch inhaltlich. Die daraus resultierende Dynamik des bewegten Bildes reicht bis zu einer Reflexion über die stilistischen Eigenarten oder Gemeinsamkeiten der beiden Medien Comic und Film. Nicht allein der Comic sucht Anleihen beim Film, schon das frühe Kino nutzte den Comic als Quelle für ihre Bilderzählungen.

Bereits 1947 bezeichnete der Kunsthistoriker Erwin Panofsky in dem Essay "Stil und Medium des Films" den Comic Strip als eine sehr bedeutsame Wurzel der kinematischen Kunst. Ein prominentes Beispiel für diese Vorbild-Funktion des Comic sind die Bildgeschichten von Georges Colomb. Wie ein Storyboard verwendeten die Gebrüder Lumiere dessen Bilderfolge als Handlungssequenz für ihren Film "Arroseur et Arrose". Diese Überführung des Comic in die Bildsprache des Kinos ist ohne die vermittelnde Rolle des Storyboard kaum zu denken. Zwischen Comic, Storyboard und Film hat sich seit den Anfängen des Kinos eine komplexe, wechselseitige Beziehung entwickelt, die über das spezielle Thema der Comicverfilmung weit hinausreicht. Das bekannteste Beispiel der letzten Jahre für diesen künstlerischen Austausch ist sicherlich der Film "Matrix", dessen Storyboard zum großen Teil von dem Comiczeichner Steve Skroce ("Ectokid", "Gambit", "Amazing Spiderman") geschaffen wurde. Im Gegensatz zum Drehbuch besitzt das Storyboard außerhalb des Films eine eigenständige, ästhetische Existenz, die es vor allem dem Comic verdankt.

Der Vortrag möchte diesen wechselseitigen Austausch zwischen Comic, Storyboard und Film untersuchen, um nach der grundlegenden Bedeutung des Comic für das Kino zu fragen. Dabei sollen Forschungsergebnisse aus dem aktuellen Dissertationsprojekt "Dynamische Sequenzen. Comic, Storyboard und Film" präsentiert werden.


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